Beim Förderverein Museum „Zeit(T)räume“: Vortrag von Michael Schick in der Museumsscheune
Walldürn. Morgen ist heute schon gestern. Oder war doch eher gestern heute noch morgen? Solche oder ähnliche Wortspiele verdeutlichen recht anschaulich, dass Zeit vor allem eines ist: relativ. Man kann sie weder anfassen, noch anhalten. Sie rinnt einem sprichwörtlich durch die Finger und das „sich die Zeit nehmen“ klappt auch nur in den seltensten Fällen. Michael Schick, ehemaliger stellvertretender Leiter der Frankenlandschule und Aktivposten des Fördervereins Museum „Zeit(T)räume“, überrascht all das nicht. „Wir haben ja kein Sinnesorgan für die Zeit“, schickte er seinem Vortrag unter dem Motto „Wie kommt die Zeit ins Land – Gedanken zur Zeit und Zeitmessung“ in der Museumsscheune in der Unteren Vorstandstraße voraus. Und machte den knapp 40 Zuhörern gleich anschließend doch noch etwas Hoffnung: „Dennoch fühlen und empfinden wir Zeit“.
Auch wenn das gelegentlich recht trügerisch sei. Oder wie könne es sonst sein, dass einem die Zeit kürzer erscheint, je glücklicher man ist? Oder umgekehrt – dass sie einem endlos lange erscheint, je länger man auf etwas wartet? Unter dem Strich ließ sich nach dem gut 90-minütigen Vortrag jedenfalls Folgendes festhalten: Je näher die Zeit räumlich gesehen den Menschen kam, desto mehr beherrschte sie das tägliche Leben.
Was zu einem weiteren Phänomen führte: Je genauer die Zeitmessung wurde, desto knapper wurde die Zeit für jeden Einzelnen. „Obwohl sich die Lebenserwartung allein in den letzten 150 Jahren verdoppelt hat, versuchen die Menschen heute, Zeit durch ein strenges Zeitmanagement zu gewinnen und gegen fremdbestimmte Zeit einzutauschen“, betonte Michael Schick.
Wie es dazu gekommen ist, erläuterte er ausgehend von ersten Himmelsbeobachtungen zur Zeitbestimmung bis hin zur nahezu perfekten Atomuhr anhand zahlreicher Exponate und anschaulicher Experimente. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Entwicklung der Methoden zur Zeiterfassung, die mit der Einordnung des Sonnenstandes begann und im Laufe der Jahrhunderte immer weiter verfeinert wurde. Beim Bau von Wasser-, Sand- oder Feueruhren nutzten die Menschen dazu einst sämtliche zur Verfügung stehenden Elemente – und machten den entscheidenden Schritt zu einer exakteren Zeitbestimmung doch erst im 17. Jahrhundert, als mechanische Uhren ihren Siegeszug antraten. Von findigen Tüftlern nach und nach perfektioniert, eroberten sie zunächst die Welt der Reichen und Mächtigen, um spätestens als Armbanduhr auch dem Normalbürger die Zeit anzuzeigen. Wenn auch nicht immer die richtige, beziehungsweise keine einheitliche.
„Um 1890 gab es allein um den Bodensee fünf verschiedene Uhrzeiten“, erklärte Schick. Dieses Wirrwarr aufgelöst habe erst die Einteilung der Erde in 24 Zeitzonen als wichtige Voraussetzung für die Entwicklung hin zur heutigen Kommunikationsgesellschaft. „Spätestens mit den durch Atomuhren gesteuerten Funkuhren haben wir die exakte zeitliche Gleichschaltung in unseren Zeiträumen, die Zeit zum Träumen schwindet“, so Schick gegen Ende seines mit zahlreichen interessanten Details und humorvollen Anekdoten gespickten Vortrags.
Darüber nachzudenken, wie man die sinnvoll nutzen könne, habe deshalb zunehmend Konjunktur. Dabei dürfe es jedoch nicht nur um ökonomische Gesichtspunkte gehen, sondern auch um kreatives, erholsames Tun oder auch mal schlicht und einfach um Nichtstun. Mit einem kleinen Präsent dankte Bruno Kaiser als Vorsitzender des Fördervereins Museum „Zeit(T)räume“ Michael Schick schließlich für dessen gelungenen Vortrag und ermutigte das Publikum, die restliche Zeit des angebrochenen Abends ganz bewusst zu nutzen. Denn so Kaiser: „Alles was wir heute nicht machen, können wir morgen nicht mehr nachholen“.
von Ralf Scherer, Fränkische Nachrichten